Darf ein Arbeitgeber während der Kurzarbeit das Arbeitsverhältnis kündigen?
Die gesetzlichen Regelungen über das Kurzarbeitergeld zielen darauf ab, dass Unternehmen in Zeiten einer unvorhersehbaren Krise und bei einem damit einhergehenden Arbeitsausfall ihre Mitarbeiter weiter beschäftigen und gerade keine Kündigungen aussprechen. Jedoch sind Kündigungen während der Kurzarbeit grundsätzlich nicht ausgeschlossen. Es besteht kein gesetzliches „Kündigungsverbot“ während der Kurzarbeit. Desgleichen gilt für den Fall, in dem ein Unternehmen für einen Teil der Belegschaft Kurzarbeit vereinbart, für den anderen Teil jedoch Beendigungskündigungen ausspricht. Ob jedoch die ausgesprochene Kündigung wirksam ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
1. Vereinbarung über die Einführung der Kurzarbeit
Ein Arbeitgeber kann Kurzarbeit nicht einseitig anordnen. Es bedarf einer Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer. Diese Vereinbarung kann durch eine Betriebsvereinbarung zwischen dem Unternehmen und dem zuständigen Betriebsrat, durch eine Klausel im Arbeitsvertrag oder durch eine Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag geschlossen werden. In diesen Vereinbarungen sind nicht selten Klauseln enthalten, die eine betriebsbedingte Kündigung während der Kurzarbeit ausschließen oder unter bestimmte Voraussetzungen stellen. Daher wäre als erstes die entsprechende Vereinbarung zu prüfen, ob dort ein solcher Kündigungsausschluss geregelt ist.
2. Kündigung in der Probezeit, Kündigung im Kleinbetrieb sowie personen- oder verhaltensbedingte Kündigung
Die gesetzlichen Voraussetzungen und Regelungen über Kündigungen in der Probezeit bzw. vor Ablauf der 6-monatigen Wartezeit, über Kündigungen im Kleinbetrieb sowie über personen- oder verhaltensbedingten Kündigungen bleiben während der Kurzarbeit unberührt. Somit gelten für den Zeitraum der Kurzarbeit keine besonderen Bedingungen oder Voraussetzungen.
3. Betriebsbedingte Kündigungen
Bei sogenannten betriebsbedingten Kündigungen ergeben sich Besonderheiten für den Zeitraum einer vereinbarten Kurzarbeit. Eine Kündigung kann grundsätzlich entsprechend § 1 Abs. 2 KSchG zulässig sein, sofern die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entgegenstehen, bedingt ist. Eine Kündigung ist grundsätzlich durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt, wenn der Bedarf für eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in dem Betrieb voraussichtlich dauerhaft entfallen ist. In einem Kündigungsschutzprozess hat der Arbeitgeber hierzu detailliert vorzutragen. Gerade während der Kurzarbeit ist genau zu prüfen, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind. Die Regelungen zur Sozialauswahl gelten unverändert während der Kurzarbeit.
a) Dringende betriebliche Erfordernisse
Insbesondere wäre zu prüfen, ob überhaupt ein dringendes betriebliches Erfordernis gegeben ist. Sofern sich die betrieblichen Erfordernisse seit der Einführung der Kurzarbeit nicht verändert haben, spricht diese Tatsache eher gegen eine wirksame Kündigung. Sofern zum Beispiel der Arbeitgeber die Erforderlichkeit der Kurzarbeit mit einem voraussichtlichen Auftragsverlust von 50 % und damit einhergehend für den Zeitraum der Kurzarbeit mit einem Arbeitsausfall von 50 % begründet hat und ein solcher Auftragsverlust von 50 % tatsächlich eintritt, stellt der Auftragsverlust von 50 % eher kein betriebliches Erfordernis zur Begründung einer Kündigung dar. Der Auftragsverlust von 50 % ist als Grund „verbraucht“. Es müsste ein neues Erfordernis aufgetreten sein, zum Beispiel ein tatsächlicher Auftragsverlust von 75 %.
b) Bedarf für eine Weiterbeschäftigung ist voraussichtlich dauerhaft entfallen
Weiter wäre zu prüfen, ob aufgrund des dringenden betrieblichen Erfordernisses der Bedarf für eine Weiterbeschäftigung des gekündigten Mitarbeiters voraussichtlich dauerhaft entfallen ist. Das wäre zum Beispiel zweifelhaft, wenn in dem Unternehmen noch gearbeitet wird, also nicht Kurzarbeit Null eingeführt wurde, und der Bedarf für eine Weiterbeschäftigung des gekündigten Mitarbeiters durch eine weitere Reduzierung der Kurzarbeit der vergleichbaren Mitarbeiter erhalten bleiben könnte und diese Reduzierung von der Vereinbarung über die Kurzarbeit gedeckt wäre.
c) Ausspruch von Beendigungskündigungen, obwohl im Unternehmen Kurzarbeit eingeführt wurde
Sofern ein Unternehmen mit einem Teil der Belegschaft Kurzarbeit vereinbart, ist es nicht grundsätzlich ausgeschlossen, die Arbeitsverhältnisse des anderen Teils zu kündigen. Auch für diesen Fall gilt kein gesetzliches „Kündigungsverbot“. Jedoch hat in diesem Fall der Arbeitgeber in einem Kündigungsprozess detailliert vorzutragen, warum nach seiner Prognose der Bedarf an der Weiterbeschäftigung der betroffenen Mitarbeiter voraussichtlich endgültig und nicht nur wie bei dem anderen Teil der Belegschaft vorübergebend entfallen wird.
4. Auswirkungen einer Kündigung auf das Arbeitsentgelt
Sofern ein Arbeitsverhältnis gekündigt wird, entfallen die persönlichen Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergelt für den betroffenen Mitarbeiter. Mit dem Ausspruch der Kündigung endet somit der Bezug von Kurzarbeitergelt. Je nach Einzelfall schuldet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nach Ausspruch der Kündigung das ursprünglich vertraglich vereinbarte Arbeitsentgelt.
Bitte beachten Sie, dass eine Kündigung als wirksam gilt, sofern der Arbeitnehmer nicht innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigungserklärung vor dem zuständigen Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage erhoben hat. Weiter kann es zum Erhalt von Einwendungen erforderlich sein, unverzüglich tätig zu werden. Der etwaige Anspruch auf Differenzvergütung zwischen Kurzarbeitergelt und vertraglich vereinbartem Entgelt kann ergänzend in dem Kündigungsschutzverfahren oder separat geltend gemacht werden. Sofern eine Ausschlussfrist vereinbart wurde, wäre diese unbedingt einzuhalten.
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