Gute Gründe für externe Dienstleister/Handwerker wegen der „partiellen Impfpflicht“ schon jetzt tätig zu werden

17.02.2022 Rechtsanwältin Regine Götz partielle Impfpflicht, Arbeitgeber, Nachweispflicht

Seit Dezember 2021 gilt der neue § 20a Infektionsschutzgesetz (IfSG). Dieser besagt, dass Personen, die in bestimmten Einrichtungen, in denen vulnerable Personengruppen betreut werden, bereits tätig sind, bis zum 15. März 2022 in Bezug auf COVID-19 geimpfte oder genesene Personen sein müssen und einen entsprechenden Nachweis zu erbringen haben, auch partielle Impfpflicht genannt.
Der Anwendungsbereich des § 20a IfSG ist weiter, als man auf den ersten Blick annimmt. Betroffene Personen sind nicht nur solche, die tatsächlich die Pflege der vulnerablen Personengruppen übernehmen. Betroffene Personen sind alle, die in einer solchen Einrichtung tätig werden. Dieser weite Anwendungsbereich ist entsprechend der Gesetzesbegründung Rechtsgedanke der Neuregelung:
„Die Art der Beschäftigung (Arbeitsvertrag, Leiharbeitsverhältnis, Praktikum, Beamtenverhältnis etc.) ist ohne Bedeutung. Bei den erfassten Personen handelt es sich beispielsweise um medizinisches bzw. Pflege- und Betreuungspersonal einschließlich zusätzlicher Betreuungskräfte nach § 53b SGB XI, aber auch andere dort tätige Personen wie zum Beispiel Hausmeister oder Transport-, Küchen- oder Reinigungspersonal. Erfasst sind auch Auszubildende, Personen, welche ihren Freiwilligendienst (nach dem BFDG oder JFDG) ableisten, ehrenamtlich Tätige, Praktikanten sowie Zeitarbeitskräfte.“
Somit ist zum Beispiel grundsätzlich auch eine externe Reinigungskraft oder ein IT-Dienstleister betroffene Person. Nach dem Fragen- und Antwortkatalog des Bundesgesundheitsministeriums (BGM) soll zumindest in Fällen einer klaren räumlichen Abgrenzung zu den vulnerablen Personengruppen die Regelungen des § 20a IfSG nicht gelten. Zu denken ist zum Beispiel ein an separates Gebäude, in welchem die Verwaltungsmitarbeiter tätig sind. Als weitere Ausnahme kommen Personen in Betracht, die sich lediglich über einen ganz unerheblichen Zeitraum in der Einrichtung aufhalten. Ausdrücklich genannt werden Paketboten und Postzusteller. Von der Nachweispflicht ausgenommen sollen nach dem BGM ebenso Personen sein, die ausschließlich außerhalb der Einrichtung oder des Unternehmens am Gebäude Arbeiten durchführen (z.B. Bauarbeiter, Industriekletterer u.ä.). Weder die Gesetzesbegründung noch der Fragen- und Antwort-Katalog des BGM jedoch haben Gesetzesrang. Noch steht nicht fest, ob diese besondere Verpflichtung überhaupt oder der sehr weite Anwendungsbereich von den Gerichten bestätigt und von den Verwaltungsbehörden auch so durchgesetzt werden. Da jedoch die Vorschrift aktuell wirksam ist und bei Verstößen Bußgelder verhängt werden können, ist in der Praxis die Vorschrift zu beachten, solange sie nicht geändert oder aufgehoben wird.
Welche Konsequenzen ergeben sich für Arbeitgeber, deren Mitarbeiter in einer solchen Einrichtung tätig sind und somit der Nachweispflicht unterliegen können?
Grundsätzlich wird die Einrichtung die betroffenen Personen auffordern, bis zum 15. März 2022 einen Immunitätsnachweis (also einen Impfnachweis im Sinne des § 2 Nummer 3 der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung oder einen Genesenennachweis im Sinne des § 2 Nummer 5 der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung) oder ein ärztliches Zeugnis darüber, dass sie auf Grund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft werden können, vorzulegen.
In Absprache mit der Einrichtung kann auch der Arbeitgeber die Vorlage der Dokumente an die Einrichtung verlangen. Es gibt Konstellationen, in denen es für Sie vorteilhaft sein kann, eine solche Absprache mit der Einrichtung zu erzielen. So können zum Beispiel Argumente vorgebracht werden, warum bestimmte Mitarbeiter gerade nicht als betroffene Personen anzusehen und somit von der Nachweispflicht ausgenommen sind. Weiter kann je nach Arbeitsvertrag ein betroffener Mitarbeiter versetzt und durch einen anderen Mitarbeiter ersetzt werden. Schließlich werden Sie die Einrichtung als Ihren Vertragspartner ohnehin kontaktieren, um mögliche Ergänzungen oder Änderungen des zugrundeliegenden Vertrages zu besprechen.
Sofern eine betroffene Person seiner Nachweispflicht nicht nachkommt (und nicht ersetzt werden kann), muss die zuständige Behörde – grundsätzlich das Gesundheitsamt – informiert werden. Diese fordert den Mitarbeiter auf, einen entsprechenden Nachweis vorzulegen. Sollte er dieser Aufforderung nicht nachkommen, kann die zuständige Behörde gegenüber der betroffenen Person ein Tätigkeitverbot für die Einrichtung aussprechen. Die etwaigen arbeitsrechtlichen Konsequenzen hängen wiederum von dem jeweiligen Einzelfall ab. Sofern der Mitarbeiter nicht an einen anderen Arbeitsort versetzt werden kann, könnte eine Änderungskündigung in Frage kommen; auch eine Beendigungskündigung wäre denkbar, jeweils in Kombination mit der Nichtzahlung des Arbeitslohnes.
Wichtig jedoch ist, dass arbeitsrechtliche Sanktionen wie eine Nichtzahlung des Arbeitslohns oder Kündigungen grundsätzlich wohl erst in Betracht kommen, nachdem die zuständige Behörde ein Tätigkeitsverbot ausgesprochen hat. In dem Zeitraum zwischen dem 16.03.2022 und dem Zugang der Entscheidung der Behörde kann der Mitarbeiter die Einrichtung grundsätzlich noch betreten und dort weiterhin tätig sein.
Praxistipp für Arbeitgeber
Die Nachweispflicht wird zwar erst ab dem 16.03.2022 relevant. Um jedoch mögliche Risiken und etwaige Handlungsoptionen zu erkennen, ist es sinnvoll, schon jetzt zu prüfen, ob Ihre Mitarbeiter betroffene Personen im Sinne von § 20a IfSG sind, zum Beispiel durch genaue Beschreibung der Tätigkeit in der Einrichtung. Auf dieser Basis können Sie rechtzeitig eine Strategie erarbeiten, wie Sie mit den verschiedenen Konstellationen konkret umgehen wollen. Dies gilt sowohl für das Verhältnis zu Ihren Mitarbeitern als auch für das Verhältnis zu der Einrichtung.
Da § 20a IfSG aktuell politisch viel diskutiert wird und sich auch schon einige Gerichten mit der Vorschrift befasst haben, ist der jeweilige Einzelfall auf die jeweils aktuelle Rechtslage zu überprüfen. Der Artikel wurde am 07.02.2022 verfasst.
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