Keine Verlängerung des Betreuungsunterhalts wegen einer Habilitation
Die Belastung des betreuenden Elternteils durch berufliche Ausbildungs-, Fortbildungs- oder Qualifizierungsmaßnahmen (hier: Habilitationsverfahren) stellt keinen elternbezogenen Grund i. S. des § BGB § 1570 BGB § 1570 Absatz II BGB dar. (Leitsatz des Gerichts)
Entscheidung
Da angesichts der ganztägigen Fremdbetreuung des Kindes kindbezogene Gründe nicht in Betracht kamen, war zu prüfen, ob einer Ausweitung der Erwerbsobliegenheit der Beklagten elternbezogene Gründe entgegenstehen. Der BGH bekräftigt seine Rechtsprechung (NJW 2009, NJW Jahr 2009 Seite 1876), dass insofern die dem betreuenden Elternteil zugemutete Berufstätigkeit neben dem nach der Fremdbetreuung verbleibenden Anteil an Erziehungs- und Betreuungsaufgaben zu keiner überobligatorischen Belastung führen dürfe. Eine derartige Belastung hat der BGH indes in dem bereits vor der Ehe begonnenen Habilitationsverfahren nicht gesehen. Nach dem Wortlaut des § BGB § 1570 BGB § 1570 Absatz II BGB müsse es sich bei den elternbezogenen Gründen um Umstände handeln, die unter Berücksichtigung der vereinbarten und praktizierten Gestaltung von Kindererziehung und Erwerbstätigkeit in der Ehe von Bedeutung sind.
Unter Berufung auf die Gesetzesbegründung (BT-Dr 16/6980, S. 9 f.) verweist der BGH darauf, dass hierdurch das Vertrauen in die in der Ehe gehandhabte Rollenverteilung gerade hinsichtlich der Kinderbetreuung geschützt werden soll. Hieraus folge, dass für die Verlängerung des Betreuungsunterhalts nur solche ehezeitlichen Einschränkungen der Erwerbstätigkeit relevant seien, die allein im Interesse des Kindes erfolgten. Diene die ehezeitliche Beschränkung der eigenen Erwerbstätigkeit des Ehegatten auf Grund von Ausbildungs-, Fortbildungs- und Qualifikationsmaßnahmen dagegen dessen eigenen beruflichen Interessen, so stelle die nach der Ehe fortdauernde (zusätzliche) Belastung durch diese Maßnahmen keinen Verlängerungsgrund i. S. von § BGB § 1570 BGB § 1570 Absatz II BGB dar. Auf Grund der Ehebezogenheit könne eine auf derartigen Maßnahmen beruhende Erwerbseinschränkung jedoch bei der Feststellung der angemessenen Erwerbstätigkeit beim Aufstockungsunterhalt (§§ BGB § 1573 f. BGB) berücksichtigt werden oder einen Anspruch auf Ausbildungsunterhalt (§ BGB § 1575 BGB) begründen.
Quelle: BGH, Urteil vom 08.08.2012 – XII ZR 97/10 (OLG Koblenz) = BeckRS 2012, BECKRS Jahr 18758